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True Cost - Die wahren Kosten unserer Lebensmittel

04-08-2022

Verbraucher*innen bezahlen ihre Lebensmittel zweimal: Wir leben in der Überzeugung mit vielen konventionell angebauten Lebensmitteln die billigeren Produkte zu kaufen. Doch dem angegebenen Preis folgen indirekte Kosten, die bislang auf keinem Preisschild abgebildet werden und uns somit zu fatalen Kaufentscheidungen verleiten…

 

Was ist „True Cost Accounting“ oder die „wahren Kosten“?

Im Unterschied zu den aktuellen Preisen zeichnen sich die „wahren Kosten“ („True Costs“) von Lebensmitteln dadurch aus, dass diese auch Umwelt- und soziale Folgekosten beinhalten, die bei der Herstellung der Lebensmittel entstehen. Sie werden ohnehin bereits von der Gesamtgesellschaft getragen – bisher jedoch indirekt und zu einem nachgelagerten Zeitpunkt. Beispielsweise zahlen wir mit der Wasserrechnung für die Aufbereitung von Trinkwasser, welches aufgrund von Düngemitteln belastet ist. Wir tragen die Kosten für Krankheiten, die durch Stickoxide, Feinstaub und Treibhausgase hervorgerufen werden. Und wir zahlen den Wiederaufbau nach Umweltkatastrophen, die Folge des Klimawandels sind, der wiederum maßgeblich von der Massentierhaltung angetrieben wird. Diese Kosten zeigen sich jedoch nicht auf unserem Kassenzettel beim Kauf von Lebensmitteln, sondern erst viel später über Umwege, nämlich in Steuern, Abgaben und Krankenkassenbeiträgen. Oder noch viel schlimmer: Wir zahlen sie gar nicht, sondern verlagern sie auf die Natur, die Menschen im globalen Süden und auf nachfolgende Generationen.

Mit der Entkopplung von Produktionspreis und Folgekosten wird Intransparenz geschaffen, die es Konsumierenden nahezu unmöglich macht, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Denn für Konsumierende und Produzierende haben Preise eine wichtige Signalfunktion. In einem funktionierenden Markt zeigen die Preise an, welche Ressourcen knapp und wertvoll sind und lenken so Angebot und Nachfrage. Wenn die Preise nur einen kleinen Teil der wahren Kosten widerspiegeln und der Anteil der externen Kosten hoch ist, geht diese Signalfunktion verloren. Mittels „True Cost Accounting“ soll dieses Problem gelöst werden. Und zwar, indem eben nicht nur die direkten Produktionskosten in den Preis der Lebensmittel eingerechnet werden, sondern auch dessen Auswirkungen auf ökologische und soziale Systeme in Geldeinheiten abgebildet werden. Diese Art der Bilanzierung macht sichtbar, auf welche Weise sich ein Produkt und dessen Herstellung auf die Gesundheit des Planeten und somit tatsächlich auf den Geldbeutel der Konsumierenden auswirken. Eine sinnvolle Umsetzung des True Cost Accounting Ansatzes würde somit ökologische und soziale Verbesserungen in der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette erzielen.

 

Wie müssten die Verkaufspreise aussehen, wenn die wahren Kosten mit einberechnet würden?

In einem Pilotprojekt ist Penny in Zusammenarbeit mit Forschenden der Uni Augsburg dieser Frage auf den Grund gegangen. Zur Ermittlung der wahren Kosten haben sie die Wertschöpfungskette von acht ausgewählten Produkten aus konventioneller und ökologischer Erzeugung untersucht und die versteckten Kosten ermittelt. 

Die Untersuchungen offenbaren eine teils enorme Differenz zwischen den aktuellen Preisen und den wahren Kosten. Die größten Fehlbepreisungen zeigen sich bei konventionell hergestellten Nahrungsmittel tierischen Ursprungs. Konventionell produzierte Fleisch- und Wurstwaren müssten teilweise dreimal so teuer sein, wie sie derzeit sind. Die zweithöchsten Aufschläge müssten für konventionell hergestellte Milchprodukte erfolgen. Bei tierischen Produkten ist die Höhe der externen Kosten insbesondere auf die energieintensive Aufzucht der Nutztiere zurückzuführen. Futtermittelanbau und -transport, Beheizung und Belüftung der Ställe sowie der Stoffwechsel der Tiere führen zum Ausstoß von reaktivem Stickstoff und Treibhausgasen sowie zu Energiebedarfen, die deutlich höher sind als bei pflanzlichen Produkten.

Bei jedem untersuchten Produkt sind die Bio-Lebensmittel näher an der Realität der wahren Kosten, als das konventionell hergestellte Pendant. Die niedrigsten Preisaufschläge fallen bei Bio-Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs an. Vergleicht man konventionelle mit ökologischen Produktionspraktiken, führen vor allem der Verzicht auf mineralischen Stickstoffdünger sowie ein geringerer Einsatz von industriell produziertem Kraftfutter in allen untersuchten Lebensmittelkategorien zu geringeren externen Kosten und Preisaufschlägen für ökologische Produkte.

LebensmittelPreisaufschlag konventionellPreisaufschlag bio
Apfel8%4%
Banane19%9%
Kartoffel12%6%
Tomate12%5%
Mozzarella52%30%
Gouda88%33%
Milch122%69%
Gemischtes Hackfleisch173%126%

Tabelle: Ergebnisse der Penny-Studie „Wahre Kosten“

Hinweis: Die Berechnungen sind als eine Näherung zu verstehen, da aufgrund einer mangelnden Datenlage nicht alle relevanten Parameter berücksichtigt werden konnten. Diese sind z.B. ökologische und gesundheitliche Schä­den durch Pestizidgebrauch, gesundheitliche Folgen durch Antibiotikabenutzung oder Emissionen aus Phos­phordüngung. Einige dieser Indikatoren würden sich in einem ökonomischen Vorteil für biologische Produkte niederschlagen.

 

Warum sprechen wir von „wahren Kosten“ in einer Zeit, in der aktuelle Preissteigerungen ohnehin zu einer Herausforderung werden?

Unsere Absicht ist es nicht, mit dem Zeigefinger auf Menschen zu zeigen. Im Gegenteil: Wir möchten ein Bewusstsein für dieses verzerrte Preissystem schaffen und Sie somit ermächtigen, reflektierte Kaufentscheidungen zu treffen. Wenn wir weiter wirtschaften wie bisher, werden die Preise für Lebensmittel in naher Zukunft aufgrund von klimabedingten Ernteausfällen in weitaus höhere Beträge steigen. Wir betreiben Wachstum auf Kosten unserer Ressourcen und nehmen uns damit die Existenzgrundlage. Es wird keinen besseren Zeitpunkt geben, über dieses Thema zu sprechen. Ein Wandel ist in diesem Moment gefragt, denn es ist günstiger jetzt für (die Vermeidung) von Schäden zu bezahlen, als später. Die erste Veränderung muss dabei nicht der Umstieg auf Bio-Lebensmittel sein. Den Fleischkonsum zu minimieren ist ein guter Anfang, unter dem auch Ihr Geldbeutel nicht leidet. In unserer Newsübersicht und auf unseren Social Media Kanälen finden Sie zahlreiche Anregungen, wie Sie und Ihr Unternehmen aktiv den Wandel vorantreiben können.

 

Quellenangaben und weiterführende Links

Penny-Studie Uni augsburg WWf Sustainable food trust
Bild: iStock

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