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Die Schuldfrage ist geklärt

05-10-2022

Neulich auf einer DEHOGA-Veranstaltung in Bielefeld. Ich kam etwas später an und bekam nur noch die Schlussworte von Pit Clausen, Oberbürgermeister der Stadt Bielefeld, mit. Es ging darum, dass der Bielefelder Weinmarkt eine Stunde früher schließen müsse, weil dadurch Energie eingespart werden könne. Der letzte Satz lautete ziemlich wörtlich zitiert dann so: "Wenn Putin den Gashahn abdreht, wird es auch keinen Weihnachtsmarkt geben." Die Stimmung der Anwesenden war dann natürlich am Boden.

Alles geklärt, würde ich sagen. Putin ist schuld an allem. Wir haben mit all dem gar nichts zu tun. Wenn der russische Angriffskrieg auf die Ukraine nicht wäre, dann könnten wir alle so weitermachen wie bisher. Dass der Angriff auf die Ukraine durch nichts zu rechtfertigen ist, steht für mich außer Frage. Allerdings habe ich auf die Ereignisse und deren Folgen eine etwas andere Sichtweise, und die orientiert sich nicht an der Schuldfrage.

Genau genommen existiert Schuld gar nicht. Sie ist ein menschliches Konstrukt, um andere Menschen ins Unrecht zu setzen. In der Tierwelt wird man Schuld nicht finden. Es gibt nur Verantwortung. Ein Löwe, der eine Gazelle frisst, fühlt sich satt, aber nicht schuldig. Verantwortlich für den Tod der Gazelle ist er natürlich.

Zur Klärung der Haftung bei einem Verkehrsunfall mag die Schuldfrage dienen, in zwischenmenschlichen Beziehungen führen Schuldzuweisungen aber zu keinen neuen Ergebnissen. Was ändert sich an dem, was gerade in der Ukraine passiert, wenn wir Putin die Schuld daran geben? Nichts. Sinkt dadurch der Gaspreis wieder? Ich wage das zu bezweifeln.

Die Klärung der Schuldfrage hat für uns Menschen einen vermeintlichen Vorteil: Wir können uns als Opfer fühlen, ein anerkannter Standpunkt in unserer Gesellschaft. Wer will schon gerne Täter sein? Unabhängig davon, dass Opfer- und Täterstandpunkt eng miteinander verbunden sind, handeln wir uns auf dem Opferstandpunkt so ganz nebenbei etwas anderes ein: Machtlosigkeit. Was kann ich schon tun? Das Gefühl der Machtlosigkeit nährt unsere Ängste, und wir landen schnell in der Schockstarre. Aus der Angst heraus handlungsfähig zu bleiben, die richtigen Entscheidungen für das eigene Leben und das eigene Unternehmen zu treffen, dürfte ziemlich schwierig sein.

Beschäftigen Sie sich nicht mit der Schuldfrage und übernehmen Sie die Verantwortung für alles in Ihrem Leben. Es geht nicht um Schuld. Die existiert nicht. Es geht um Eigenverantwortung.

Dazu gehört etwas Übung, den Opferstandpunkt immer wieder zu erkennen und den Standpunkt der Eigenverantwortung einzunehmen. Das ist trotz meiner Ausbildung zum Standpunkt-Coach auch bei mir immer wieder herausfordernd. Eines kann ich Ihnen aber versprechen: Sie werden sich immer seltener machtlos fühlen. Auf dem Standpunkt der Eigenverantwortung werden Sie spüren, wie machtvoll Sie sind. Dann finden Sie auch Ihre Antworten auf herausfordernde Ereignisse.

Daher seien Sie achtsam mit sich und Ihren Gedanken.

"Wir haben nicht auf alle Ereignisse in unserem Leben Einfluss. Wir haben aber Einfluss darauf, wie wir sie bewerten."

André Schell
Geschäftsführung & Vertriebsleitung

 

 

Bild: iStock

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