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Folge dem Geld

14-09-2023

In meiner Jugend habe ich verwundert US-Spielfilme angeschaut, in denen sogenannte Lobbyisten die Nähe zu Menschen in der Politik suchten, um dort Einfluss zu nehmen. Ein bekanntes Beispiel ist sicherlich die US-Waffenlobby. Smartphone, Google und Wikipedia waren noch nicht erfunden und nur ein Lexikon konnte darüber Auskunft geben, was mit Lobbyismus eigentlich gemeint war. Meine Einschätzung damals: "Komische Zustände in den USA".

Quasi unbemerkt am Rande der großen Ereignisse in der Welt hat sich auch bei uns in Deutschland und in Europa ein Lobby-System etabliert, das dem US-System in nichts nachsteht. Bekanntestes Beispiel bei uns ist sicherlich die mächtige Automobillobby. Warum sonst dürfen wir als nahezu einziges Land in der Welt auf unseren Autobahnen 250 km/h und mehr fahren? Auch wenn wir nicht selbst einen Colt oder eine Walther PPK tragen dürfen (was auch gut so ist), sollten wir den Einfluss unserer Waffenlobby nicht unterschätzen. Nicht von ungefähr gehören wir zu den Top Sellern von Waffen in aller Welt. Auf ein Mitglied des Bundestages sollen mittlerweile fast 7 Lobbyist*innen kommen.

An der Festschreibung des EU-einheitlichen Krümmungsgrades der Salatgurke können wir sehen, dass auch der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) mittlerweile ein mächtiges Lobbysystem aufgebaut hat. Das haben sich nämlich nicht EU-Politiker*innen ausgedacht und 1988 in eine Verordnung gegossen, sondern die Forderung kam aus dem deutschen LEH, wohl aus logistischen Gründen.

Wer könnte wohl etwas davon haben, wenn die Mehrwertsteuer auf Speisen wieder auf 19 % erhöht wird und die Menschen aufgrund der Preissteigerungen Ihr gastronomisches Angebot seltener oder gar nicht mehr in Anspruch nehmen? Wer hat gerade deutliche Umsatzrückgänge und spürt die Kaufzurückhaltung der Bevölkerung? Wem könnte es ein Dorn im Auge sein, dass die Menschen nach Corona ihre Freizeit wieder nicht nur zuhause verbringen, sondern die Vielfalt des gastronomischen Angebotes nutzen?

Ich glaube kaum, dass die steuerlichen Mehreinnahmen in den Löchern unserer Staatsfinanzen überhaupt noch eine Rolle spielen. Die Politik ist nur ausführendes Organ für andere Interessen.

Lobbyismus hat nichts mit sozialer Marktwirtschaft und Unternehmertum zu tun - und auch nichts mit gewählter Politik. Ich glaube, der Lobbyismus bedroht unsere Freiheit und unseren Frieden mehr, als Despoten in anderen Ländern.

André Schell
Geschäftsführung & Vertriebsleitung

 

 

Bild: iStock

"Das Ziel des Lobbyismus ist die wählerfreie Politik." aus der Serie "Die Lobbyistin"

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