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Kann Gentechnik Öko sein?

20-10-2022

Viele Konsument*innen lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab, doch zunehmend betonen Wissenschaftler*innen die Bedeutung gentechnischer Verfahren für den Klimaschutz und die Welternährung. Kann Gentechnik die Lösung für eine nachhaltige Landwirtschaft sein?

 

Was ist Gentechnik?

Bei gentechnisch veränderten Pflanzen, Tieren oder Mikro-Organismen wurden einzelne Gene gezielt ausgeschaltet, verändert oder durch andere ersetzt. Wenn es sich bei den GVO um Pflanzen handelt, spricht man von grüner Gentechnik.

Im Prinzip ähnelt das Verändern von Genen der herkömmlichen Züchtung. Seit Jahrtausenden optimiert der Mensch Nutzpflanzen und Tiere nach seinen Vorlieben: Melonen ohne Kerne, größerer Mais, orangene Karotten – alles Erfolge der Züchtung. Auch hier kommt es zu Genmutationen, allerdings weniger gezielt und ausschließlich durch natürliche Einflüsse, wie beispielsweise Kälteschocks. Während in der konventionellen Züchtung nur Pflanzen der gleichen Art gekreuzt werden, können in der Gentechnik auch Gene anderer Organismen eingesetzt werden. In diesem Fall ist die Rede von transgen.

 

Wozu dient Gentechnik in der Lebensmittelproduktion?

In der Lebensmittelproduktion geht es um die gentechnische Optimierung von Pflanzen, angepasst an die Bedürfnisse unserer Gesellschaft. Gentechniker*innen arbeiten unter anderem an…

…Pflanzen, die gegen Schädlinge resistent sind. Dies ist beispielsweise bereits bei Mais gelungen. Dieser produziert ein für bestimmte Insekten tödliches Protein, das für Säugetiere jedoch harmlos ist. Die Schädlingsresistenz könnte den Einsatz von umweltschädlichen Pestiziden verringern, was allerdings bislang noch nicht durch Studien nachgewiesen werden konnte.

…Pflanzen, die resistent gegen Krankheitserreger sind. So machten Forschende beispielsweise die hawaiianische Papaya gegen einen Virus resistent, die ansonsten ausgestorben wäre.

…Pflanzen, die einen hohen Ertrag liefern. Das bedeutet einerseits natürlich mehr Profit bei weniger Aufwand, hat andererseits aber auch einen nachhaltigen Nutzen. Für dieselbe Menge an Lebensmitteln wird weniger Ackerfläche benötigt, wodurch Wälder und natürliche Lebensräume bewahrt werden können.

…Pflanzen, die toleranter gegenüber Trockenheit und Überschwemmungen sind, oder auch auf weniger fruchtbaren Böden wachsen.

…Pflanzen, die bessere Inhaltsstoffe aufweisen, etwa Sojabohnen mit einem höheren Gehalt an Omega-3-Fettsäuren oder Reis mit mehr Beta-Carotin.

…Pflanzen, die die Umwelt schützen, indem sie beispielsweise mehr Kohlenstoff oder Stickstoff aufnehmen.

Hinter all diesen Bestrebungen steht eine große Vision: Mit Bedacht eingesetzte Gentechnik könnte den Nahrungsmittelbedarf der steigenden Weltbevölkerung in Zukunft nachhaltig sichern und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Aber natürlich sind nicht alle Ziele dieser ökologisch-nachhaltigen Vision untergeordnet. Ein großes Ziel der Gentechnik besteht auch darin, Pflanzen resistent gegen Herbizide zu machen. Somit könnten Unkrautvernichtungsmittel – die dem natürlichen Ökosystem schaden – in weitaus größerem Maß eingesetzt werden.

 

Kritik an Gentechnik

Während immer mehr Forschende den Argumenten der Befürworter*innen folgen, bleiben Naturschützer*innen und die Mehrheit der Verbraucher*innen skeptisch. Sie assoziieren Gentechnik mit Künstlichkeit und wünschen sich eine Rückkehr zu rein natürlichen Kreisläufen. Und auch sie haben nachvollziehbare Argumente für ihre Position. Die Agro-Gentechnik ist auf eine industrialisierte Landwirtschaft zugeschnitten und könnte zur Ausweitung von Monokulturen führen und den Verlust der Artenvielfalt vorantreiben. Die Manipulation von Genen bedeutet einen starken Eingriff in die Umwelt, deren Auswirkungen weder vorausgesehen noch kontrolliert werden können. Zum Beispiel ist es praktisch nicht zu vermeiden, dass ein Acker mit genmanipulierten Pflanzen durch Pollenflug einen konventionellen benachbarten Acker mit genverändertem Material „kontaminiert“.

Darüber hinaus werden auf manipulierte Gene Patente vergeben. Landwirte, die Gentechnik-Pflanzen anbauen wollen, müssen jedes Jahr Patentgebühren auf das Saatgut zahlen. Damit besteht die Befürchtung, dass sich das Saatgut dieser Erde zum Eigentum weniger Konzerngiganten entwickelt und landwirtschaftliche Betriebe sich dem Diktat dieser Firmen beugen müssen. Tatsächlich befindet sich bereits heute die Hälfte des weltweit patentierten Saatguts in der Hand von 24 Unternehmen. Das mit Abstand Größte ist das US-amerikanische Unternehmen Monsanto.

 

Fazit:

Grüne Gentechnik hat das Potential zum Umweltschutz und zur der Sicherung der Welternährung beizutragen. Sie stellt gleichzeitig jedoch einen massiven Eingriff in natürliche Ökosysteme dar, dessen langfristige Konsequenzen und Domino-Effekte nicht kalkulierbar sind. Ob es der richtige Weg ist, mit Gen-Patenten die Lösung globaler Herausforderungen, wie die Bewältigung von Hungersnot und Klimawandel, in die Hände profitorientierter Wirtschaftsunternehmen zu legen, bleibt kritisch zu hinterfragen.

 

Gut zu wissen:                                                        

In Deutschland werden aktuell keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut oder transgene Tiere gezüchtet. Jedoch dürfen auch bei uns Nutztiere mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert werden. So erhält der Großteil unserer Zuchtschweine genetisch verändertes Soja als Futter, häufig aus Nord- und Südamerika.

Gentechnisch veränderte Lebensmittel müssen in Deutschland gekennzeichnet werden. Die Kennzeichnungspflicht entfällt jedoch wiederum bei Produkten von Tieren, die mit gentechnisch veränderter Nahrung gefüttert wurden.

 

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